Friday, 16 January 2009

Wertschöpfung von Katrin Grögel

Wagner- Feigl-Forschung, 'Die Enzyklopädie der Performancekunst ' Performance Saga Festival - Bone 11, Schlachthaus Theater, Frietag 5 Dezember 2008. Photograph (c) Martin Rindlisbacher

Wagner-Feigl-Forschung schlossen ihre Performance mit einer von Otmar Wagner mikroskopisch untersuchten Sauerei und einer flammenden Rede von Florian Feigl über den „Wert der Enzyklopädie der Performancekunst“, die einem Manifest gleichkam. In Florians Proklamation meinte ich die Motivation für das gesamte Unternehmen der Wagner-Feigl-Forschung zu erkennen. Denn diese arbeitet ebenso wie Performance Saga an der Frage, wie man sich heute mit Performancegeschichte beschäftigen könnte. Ich sass also im Publikum wie auf Kohlen, innerlich führte ich ein Streitgespräch mit Florian und Otmar.

Dabei war mir nicht klar, ob die beiden Künstler/Forscher das, was sie da tun und sagen, ernst oder ironisch meinen. Denn im Grunde kann ich den Rückgriff auf eine Vorstellung von einem universalen Wissen als Totalität, wie es der Konzeption einer Enzyklopädie unterliegt, nur als Wissenschaftsparodie verstehen. Es ist mir gar nicht möglich, mit dieser Behauptung anders umzugehen. Und ebenso wenig ist es mir (als Kunsthistorikerin) möglich, ein auf zukünftige künstlerische und wissenschaftliche Praxis und Analyse gerichtetes Manifest als zeitgenössische Textgattung ernst zu nehmen. Kann man anders als ironisch behaupten, „Denken in Zusammenhängen“ mittels eines Systems von Klassifizierungen quasi automatisch zu generieren? Wer könnte wahrhaftig davon reden, „der Performancekunst ihre Sprache zurückzugeben“? Das geht doch nur, wenn Mann unter der Uniformierung des dunklen Anzugs den direkt an die Brust gehefteten Sheriff-Stern trägt, oder?

Und dennoch: ganz so einfach ist es für mich nicht, mich von den Anwürfen zu distanzieren, die meinem Berufsstand da angetragen werden und zu denen die „Enzyklopädie der Performancekunst“ ein Gegenentwurf zu sein vorgibt. Natürlich kenne ich das „Exklusivitätsprinzip der Theorie“. Aber ich kenne auch eine Reihe von Forschenden, die nicht in diese Schublade passen. Und darüber hinaus kenne ich eine ganze Menge Theorie, die zwar aus dem geschlossenen System der akademischen Exklusivwerkstätten kommt, aber wirklich inspirierend ist. Ich würde sie in meiner Handbibliothek nicht missen wollen. Und was meinen Anteil an der Konzeption von Performance Saga angeht, so wäre diese Arbeit ohne den Hintergrund der Lektüre und akademischen Diskussion von sehr viel Performancetheorie undenkbar gewesen. Gerade die (mittlerweile kanonische) Performancetheorie hat mich gelehrt, dass subjektive Neugier und Professionalität sich nicht ausschliessen. Schreibendes, redendes, aufführendes Handeln im Umgang mit Performancegeschichte gewinnt allein durch das persönliche Interesse der Forschenden an Aktualität und Relevanz.

Auf die Gefahr hin, dass ich Florian Feigl und Otmar Wagner auf dem Leim gehe oder auf den Schlips trete: Die Methoden und Kategorien ihrer (persönlichen) „Enzyklopädie der Performancekunst“ sind für Dritte unbrauchbar. „Der Wert der Enzyklopädie der Performancekunst“ besteht meines Erachtens darin, dass sie einen gnadenlos absurden Universalitätsanspruch auf eine Weise behauptet, die zugleich Widerspruch und Gelächter provoziert; sie erhitzt die Gemüter und nährt den Diskurs.

Katrin Grögel ist Ko-Kuratorin von Performance Saga.

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Creation of Value
by Katrin Grögel

The very last part of the performance by Wagner-Feigl-Forschung/ Research consisted of an action in parallel: while Otmar Wagner was microscopically exploring a previously produced mess, Florian Feigl was giving a committed speech on the value of ‘The Encyclopaedia of Performance Art’, which sounded to me like a manifesto. I wanted to detect the basic motivation of their research project in listening to Florian’s declaration. For Wagner-Feigl-Forschung/ Research searches for an alternative approach to the history of performance art, just as we do in our Perfomance Saga project. So, I was sitting in the audience on tenterhooks, my mind was racing, conceiving an argument with Florian and Otmar.

Yet, I wasn’t sure if the action and the speech on stage ought to be taken seriously or was ironic. I can hardly believe that the appropriation of the historic notion of universal knowledge, as addressed by the term Encyclopaedia, might be anything but a parody. I am incapable of perceiving this claim in any other way. Neither can I (as an art historian) acknowledge the format of the manifesto, directed towards future artistic and scientific practice and analysis, as a contemporary genre of text. Can anybody seriously claim to introduce ‘contextualization’ by means of establishing a system of classification? Who could truthfully utter the objective to ‘return to performance art its own unique and creative language’? If it wasn’t for the sherrifs’ bagdges pierced through the skin beneath dark suit uniforms, would these serious looking men attempt to hold our attention about performance art at all?

Nevertheless, I was intrigued by the offence against my profession expressed by Wagner-Feigl Forschung/ Research. I recognise the ‘principle of exclusiveness’, indeed. But I also know a number of researchers that won’t fit into this pigeonhole. Moreover, a lot of theoretical writing I appreciate highly and consult frequently comes from the closed system of academic networks. I would not want to miss it. And, speaking about my contribution to the conception of Performance Saga, I profited a lot from extensive reading and academic discussions of performance theory. In fact, it was from (by now canonical) performance theory that I learned that curiosity and professionalism do not necessarily exclude each other. I feel that any approach towards the history of performance art, be it by writing, talking or performing, gains its topicality and relevance only through the personal interest of the researcher/artist.

Taking the risk of being taken in by Floran Feigl and Otmar Wagner, or stepping on their toes: I consider the methods and categories of their (personal) ‘Encyclopaedia of Performance Art’ of no use value for third parties. In my opinion, it is precisely the mode of the merciless absurd claim of universality, which provokes protest and laughter at once, that attributes value to ‘The Encyclopaedia of Performance Art’; it raises tempers and fosters dialogues.

Katrin Groegel is the co-curator of Performance Saga.

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